Der HEROLD in Berlin bot in diesem Jahr zum zweiten Mal einen einwöchigen Lehrgang zur Heraldik an. Insgesamt 30 Teilnehmer aus Deutschland und Österreich nutzten diese Möglichkeit, Grundkenntnisse zur Wappenkunde zu erwerben. Vom 9. bis 14. Oktober fanden die einzelnen Kurse bzw. Vorlesungen in den Räumen des Max-Planck-Archivs und des HEROLD in Berlin-Dahlem statt. Zwischen 9 und 17 Uhr wurde hier in gebündelter und konzentrierter Form ein Querschnitt zu dieser historischen Hilfswissenschaft gegeben. Namhafte Referenten sorgten für einen fundierten Einstieg, boten aber auch ein Spektrum verschiedener Sichtweisen zur Heraldik in der Gegenwart.

Kursteilnehmer vor dem Reichstagsgebäude in Berlin, Foto: L. Beck

Sonntag, 9.10.: Das erste Treffen fand am Sonntag vor dem Berliner Reichstag statt, wo Prof. Dr. Eckart Henning die Wappendarstellungen am Reichstagsgebäude erläuterte. Anschließend bestand bei einem gemeinsamen Abendessen Gelegenheit zum Kennenlernen und zu ersten Gesprächen.

Montag, 10.10.: Am ersten Seminartag begann das Kursprogramm mit einer Führung durch das Archiv/die Bibliothek des HEROLD durch Dr. Peter Bahl. Erstaunlich für mich war hierbei, mit welcher Intensität und zeitlichen Konstanz Spezialliteratur und Sammlungen zur Heraldik, aber auch zur Genealogie und Ortsgeschichte, zu Orden und Ehrenzeichen usw. zusammengetragen wurden. Das Kernstück dieser Sammlung ist natürlich die Wappenrolle des HEROLD. Prof. Henning führte dann in die Bibliografie zur Heraldik ein und gab einen Überblick über die wichtigsten Druckwerke. In einer Blasonierungsübung wurden die Wappen der deutschen Bundesländer eingehender behandelt. Am Nachmittag referierte der Wappenbeauftragte des Brandenburgischen Landeshauptarchives Werner Hegewaldt über die Kommunalwappen und veranschaulichte daran Terminologie, Geschichte der Heraldik, Entstehung des Wappenwesens und die wichtigsten Heroldsfiguren.

Dienstag, 11.10.: Im Mittelpunkt der vormittäglichen Veranstaltung stand das Wappenrecht und der sogenannte „Wappenschwindel“, die der Jurist Reg.-Dir. Dieter Müller-Bruns vom heraldischen Verein „Zum Kleeblatt“, Hannover darlegte. Wer darf ein Wappen führen? Welche Rechte sind zu beachten? Welche gesetzlichen Grundlagen gibt es? Unter anderem solche Fragen wurden in seinem didaktisch gut durchdachten Vortrag grundlegend beantwortet. Dr. Arnold Rabbow, ebenfalls vom Kleeblatt zu Hannover, widmete sich dem Thema „Frauen in der Heraldik“. Er vertrat dabei eine moderne Auffassung. Daran knüpfte Dr. Lorenz Beck an und erläuterte die aktuelle Eintragungspraxis der Deutschen Wappenrolle beim HEROLD. Dr. Rabbow fasste zudem die Besonderheiten des Oberwappens (Helm, Helmzier, Helmdecken) zusammen.

Mittwoch, 12.10.: Am dritten Seminartag wurde u. a. der Umgang mit Wappen in der modernen Gesellschaft deutlich. Frank Diemar von der Agentur Diemar, Jung & Zapfe in Erfurt, die zahlreiche Kommunalwappen, aber auch Familienwappen entworfen hat, gab eine Übersicht über den Stilwandel in der Heraldik und über moderne Darstellungsformen, über Blüte- und Verfallszeiten und die Bezugspunkte für den Stil von Wappendarstellungen in der Gegenwart. Dr. Beck ging daran anschließend auf die Deutsche Wappenrolle und andere Wappenrollen in Deutschland ein. Über Grundlagen der Genealogie als wichtiger Bestandteil der Heraldik kam Dr. Bahl mit den Kursteilnehmern ins Gespräch. Dabei wurden neben den Begriffen Proband, Ahnenfolge vs. Stammfolge usw. auch die wichtigsten genealogischen Handbücher und biografischen Nachschlagewerke vorgestellt (und schwere Bücherstapel herumgereicht) – Handwerkszeug also, das jedem Familienforscher viel Zeit und Arbeit ersparen kann. Dr. Beck führte anschließend praktische Blasonierungsübungen anhand von bürgerlichen Familienwappen durch (ein Beispiel war hier etwa das Wappen Koepke aus Stojentin, Krs. Stolp).

Donnerstag, 13.10.: Der geplante Vortrag von Dr. Ludwig Biewer, Berlin musste wegen Krankheit als Vorlesung des Manuskriptes gehalten werden. Thema war hier die kirchliche Heraldik, Rang- und Würdezeichen und Helmkronen. Trotz des durch die Verlesung des Vortragstextes recht trockene Darbietung des Themas wurden interessante Aspekte deutlich, bspw. zur Wappenänderung des derzeitigen Papstes oder zur Bedeutung der Helmkronen als Rangzeichen. Die übrige Zeit nutzte Prof. Henning zur Wiederholung, zur Beantwortung von Fragen und für weitere Blasonierungsübungen von Wappen der deutschen Bundesländer.

Freitag, 14.10.: Der einwöchige Lehrgang wurde mit einer Abschlussklausur und einem Zertifikat („Geprüfter Heraldiker [HEROLD]“) beschlossen, das etwa 90 Prozent aller Teilnehmer auch erreichten.

Resümee: Der Heraldikkurs des HEROLD in Berlin war eine wirkliche Bereicherung und ein hervorragender Einstieg in das mir bisher nicht näher erschlossene Wissensgebiet der Wappenkunde. Er vermittelte einen fundierten und breit angelegten Überblick, war gut organisiert und durch die zahlreichen Referenten fachlich ausgewogen und abwechslungsreich. Deutlich wurden für mich auch die vielen Bezüge zur Genealogie (z. B. Heraldik als Quelle für die Genealogie wie umgekehrt Genealogie als Bestandteil der Heraldik). Dieser zweite Kurs beim HEROLD – in seiner Art wohl der einzige in Deutschland – fand zwei Jahre nach dem ersten Kurs statt. Die Zahl der Teilnehmer hatte sich verdreifacht, was ein Indiz für das zunehmende, zumindest aber für das weiterhin bestehende Interesse auch an der Wappenkunde sein könnte. Fazit: Ein durchweg positives Angebot eines heraldisch-genealogischen Vereins, das ich nur empfehlen kann und das von seinem Ansatz her – zumindest auf genealogischem Gebiet – durchaus Schule machen könnte …

PS: Am Rande des Kurses fand ich sogar noch kurz Zeit, mir die Ausstellung „Tür an Tür. Polen – Deutschland. 1000 Jahre Kunst und Geschichte“ im Berliner Gropiusbau anzusehen. Allen Geschichtsinteressierten im Spannungsbogen Deutschland–Polen kann ich auch diese Ausstellung mit seinen zahlreichen und in dieser Bündelung wohl einmalig zu sehenden Exponaten nur empfehlen, nicht nur (aber auch) wegen der zahlreichen, sehr sehenswerten Wappendarstellungen. Nicht zu vergessen: die freundliche Aufnahme bei pommerschen Forscherfreunden und die interessanten und herzlichen Gespräche (Vielen Dank Fe und Rudi sowie Bodo!).

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