Katholiken gab es in Pommern gemessen an der Gesamtzahl der Bevölerung relativ wenige, 1933 waren es noch ca. 60 000 Katholische Christen, erst 1939 stieg die Zahl auf 176 000 Personen (Quelle: http://www.verwaltungsgeschichte.de/p_pommern.html).
Kirchenrechtlich war seit 1821 zuständig die Fürstbischöflichen Delegaten für Brandenburg und Pommern. 1930 wurde dann das Bistum Berlin eingerichtet.
Konstantin Manthey begleitet seine Promotion zum Thema „Carl Kühn (1873-1942). Kirchenbauten für das junge Bistum Berlin“ mit einem Blog. Karl Kühn war Delegaturbaurat und später Diözesanbaurat für die oben erwähnten Delegate bzw. das Bistum Berlin.
In diesem Zusammenhang hat Herr Manthey auch das Archiv des Bonifatiuswerks in Paderborn aufgesucht. Und dort fanden sich dann Unterlagen zu Planungen für eine katholische Kirche in Regenwalde. Es blieb bei den Planungen, zum Bau einer solchen Kirche in der Stadt Regenwalde ist es nie gekommen.
Über die katholische Kirche im Kreis Regenwalde hat unser Ansprechpartner Siegfried Hannemann berichtet im Teil II von „Kirchen im Kreis Regenwalde, dargestellt in Wort und Bild“ ,erschienen 2005 und gemeinsam veröffentlicht mit Eckhard Schmechel. Wir danken für seine Erlaubnis, diesen Artikel hier zu veröffentlichen.
Das Kloster Grünhoff
von Siegfried Hannemann, Barmstedt
„Grünhoff“, das ist die amtliche Schreibweise seit 1929 im Unterschied zu 36 anderen Orten in Pommern, deren Bezeichnung „Grünhof“ ist. Grundlage für die Genehmigung des geänderten Ortsnamen durch das Preußische Innenministerium war eine im Schulzenstab des Gutsbesitzers eingravierte Inschrift.
Das Kloster Grünhoff war durch Dr. Ludolph von Beckedorff gegründet worden. Er hatte zunächst protestantische Theologie und Medizin studiert, war Erzieher des Kurprinzen von Hessen und des Erbprinzen von Anhalt-Bernburg und schließlich Geheimer Oberregierungsrat im Preußischen Kultusministerium. Er unterhielt engen Kontakt zu dem Regensburger Weihbischof, der letztendlich 1827 dazu führte, dass er zum katholischen Glauben übertrat. König Friedrich Wilhelm III. entließ ihn daraufhin aus dem Staatsdienst.
Von Beckedorff erwarb von seinem Schwager Ernst von Bülow auf Kummerow das Rittergut Grünhoff, früher alter Besitz des Borcken-Geschlechts. Er stellte für seine Kinder einen Priester an, den ersten katholischen Geistlichen in Ostpommern außerhalb Stettins. Gleichzeitig richtete er eine Hauskapelle ein, in der seit 1852 das Allerheiligste ständig aufbewahrt wurde. So leuchtete nach 300-jähriger Unterbrechung im Kreis Regenwalde wieder das „Ewige Licht“.
Von König Friedrich Wilhelm IV. wurde von Beckedorff rehabilitiert und sogar in den Adels-stand erhoben. Vom Breslauer Fürstbischof erhielt er die Genehmigung, in seinem Gutspark eine Familiengruft zu errichten und darüber eine Begräbniskapelle zu bauen. Als Erstausstattung schenkte ihm der Bischof einen Kelch sowie ein rotes Messgewand.
Die Familiengruft wurde am 22.8.1855 eingeweiht und gleichzeitig der Grundstein für die Kapelle gelegt. 1857 gründete von Beckedorff auf seinem Gut ein Kinderheim, das St. Aloysius-Stift. Es wurde in einem damals leer stehenden Fachwerkhaus mit Stallung und Holzschuppen, der stillgelegten Zuckerfabrik des Gutes, eingerichtet. Dieses kleine Stift war die erste und lange Zeit einzige klösterliche Niederlassung dieser Art in Pommern und entwickelte sich zu einer großen, weithin anerkannten Erziehungsanstalt mit Internat und Waisenhaus.
1858 verstarb von Beckedorff. Er wurde als Erster in der Familiengruft beigesetzt. In seinem Testament hatte er verfügt, dass sein Herz gesondert an den Stufen des Altars beigesetzt werden sollte. Es ruhte unter einer Kupferplatte mit der Aufschrift „Ludolphi cor peccaminosum“ (=Ludolphs sündiges Herz).
Der als Begräbniskapelle genehmigte Bau sollte von vornherein als Kirche genutzt werden. Die Bauzeit der kleinen gotischen Backsteinkirche betrug vier Jahre. Sie wurde 1859 eingeweiht, und der erste Gottesdienst konnte darin gehalten werden. Die Inneneinrichtung war dürftig, ein Notaltar und einige Stühle! Am 6.6.1860 wurde der gotische Schnitzaltar aufgerichtet, der erhalten geblieben ist. Er war von einer Konvertitin, einer zum katholischen Glauben übergetretenen Schlesierin, gestiftet worden. Das Allerheiligste wurde in feierlicher Pro-zession aus der Hauskapelle in die Kirche getragen und dort aufbewahrt. 1862 erhielt die Kirche Kanzel, Beichtstuhl, Taufstein und Weihwasserständer, alles in gotischer Schnitzarbeit. Die Anzahl der Bänke wurde vermehrt, ein Seitenaltar, dem hl. Herzen Jesu geweiht, errichtet und wertvolle Paramente (= liturgische Gewänder, Kanzel- und Altarbehänge) angeschafft.
1882 wurde ein Krankenhaus eingerichtet. Darin wurden Patienten aus den umliegenden Gütern versorgt. Es gab zu damaliger Zeit noch kein Krankenhaus in Regenwalde. Anstaltsarzt wurde Dr. Leopold Arndt aus Regenwalde, der schon seit der Gründung des Stifts Hausarzt war. Seine Nachfolger waren sein Sohn Dr. Georg Arndt und sein Enkel Dr. Leopold Arndt, beide praktische Ärzte in Regenwalde.
1884 entstand ein neues Schulhaus für eine staatlich anerkannte Privat-Volksschule. 1885 wurde das Pfarrhaus gebaut. Ein 1896 errichtetes Mädchenpensionat mit einer Lehrabteilung für schulentlassene Mädchen wurde 1920 zu einer ebenfalls anerkannten Haushaltungsschule ausgebaut.
Das Kloster wurde in den Jahren 1874, 1888 und 1938 durch Brände in Mitleidenschaft ge-zogen. 1888 konnte ein neu angeschaffter Altar vor den Flammen nur mit Mühe gerettet werden.
Im Jahre 1914 gab es Bestrebungen, in Regenwalde eine Kapelle zu bauen und hier einen neuen Mittelpunkt für die Gemeinde zu schaffen. Maßgeblich dafür war, dass es für Grünhoff keine Bahn-, Post- oder Autobus-Verbindung gab, um den Gläubigen den Besuch des sonn-täglichen Gottesdienstes zu ermöglichen. Ein Bauplatz war bereits vorhanden. Zunächst wurde ein monatlicher Gottesdienst in der Bismarckschule in Regenwalde eingerichtet. Zum Bau einer Kapelle ist es offensichtlich wegen des Kriegsausbruchs nie gekommen. In Geiglitz, Regenwalde und Friedrichsgnade wurde außerdem in den Schulen ein katholischer Religionsunterricht erteilt.
Ein besonderes Ereignis für Grünhoff war anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Klosters die Durchführung des 3. Pommerschen Katholikentages am 13.7.1927.
Nach Ausweisung seiner Bewohner am 8. März 1945 wurde das Stift am 9. und 10. März 1945 von der einrückenden Roten Armee durch Brand zerstört. Auch sämtliche Akten und Urkunden sowie die wertvolle Chronik des Klosters sind dabei verloren gegangen. Erhalten geblieben war hingegen die Kirche, die etwa 200 m vom Stift entfernt im Gutspark stand. Sie wurde mehrfach geplündert. In der Familiengruft waren die Särge aufgebrochen und die Leichen geschändet worden. Später wurde die Gruft zugemauert. Die Kirche wurde 1954 abgerissen.
Der Hochaltar konnte gerettet werden. Er wurde in die Marienkirche nach Regenwalde verlagert, die für den katholischen Gottesdienst der zugewanderten Polen eingerichtet war. Erhalten geblieben sind auch mehrere Gegenstände des Klosters, die von den Schwestern vor dem Einmarsch der sowjetischen Truppen vergraben worden waren. Dazu gehörten die Kreuzwegstationen und der Beichtstuhl, eine Lourdes-Muttergottes mit dem Seitenaltar, eine goldene Monstranz (=Behältnis zum Aufbewahren von geweihten Hostien), zwei Messkelche, ein Kreuz, ein Altarleuchter, Messgewänder und ein Vespermantel. Soweit auf sichergestelltem Gebälk deutsche Bibeltexte oder andere Inschriften vorhanden waren, sind diese von den Polen übermalt worden.
Das Kloster Grünhoff gehört der Vergangenheit an. Über die Gesamtanlage hat sich heute die Natur ausgebreitet. Urwüchsiges und größtenteils unwegsames Gelände bestimmen das Bild. 1975 heißt es darüber in der Pommerschen Zeitung: „Der Gutspark ist nach 1827 bereits durch Ludolf von Beckedorff unter Mitwirkung eines englischen Landschaftsgärtners gestaltet worden. Die landwirtschaftlichen Notzeiten der vergangenen Jahrzehnte haben ihn sehr verwildern lassen, aber noch immer wirkt er durch seine jahrhundertealten Eichen und die künstlich angelegten Teiche mit ihren schönen Durchblicken.“
9.10.2005