Fünf Pommern-Greife auf Schatzsuche im Pfarrhaus
von Gudrun Herzberg / Nordkurier am Wochenende, Samstag, 03.12.2016

Hohenmocker. Aktenberge liegen auf dem großen Tisch im Pfarrhaus von Hohenmocker.
Der Fußboden ist mit alten, uralten Büchern bedeckt. Kaum ein Durchkommen.
Aber Ahnenforscher des Vereins Pommerscher Greif haben den Überblick und sitzen ganz fasziniert über dem alten Kirchenmaterial.

Nordkurier
Fünf Pommern-Greife auf Schatzsuche im Pfarrhaus
von Gudrun Herzberg / Nordkurier am Wochenende, Samstag, 03.12.2016

 

„Der Zustand der Akten ist wunderbar“, sagt David Krüger, der Ansprechpartner des Vereins für den Altkreis Demmin. Auf einen Hinweis des Pastors der Kirchengemeinde Hohenmocker, Christian Bauer, sind die Mitglieder des Vereins Pommerscher Greif nach Hohenmocker gekommen.

„Das Pfarrarchiv ist ein besonderer Kulturschatz. Die Kirchengemeinde kann ihn erhalten. Ihn zu erforschen überfordert uns aber. Das Angebot des Vereins haben wir daher sofort angenommen“, sagt Pastor Christian Bauer und zeigt eine alte Bibel aus dem Jahre 1864. Alle diese Schätze und ganz viel Kirchenmaterial lagert auf dem Dachboden des Pfarrhauses in Hohenmocker.

Die Unterlagen sind in einem großen Schrank verstaut, der wohl extra für solche damals gebaut wurde, vermutet David Krüger. „Die Türen sind so luftdicht verschlossen, dass auf den Akten kaum Staub war“, wunderte er sich. Die Schrift ist nicht verblichen, sodass die Ahnenforscher alles gut lesen können. „Wir lesen uns da rein, auch in die altdeutsche Schrift. Das mag für einen Laien schwer sein, aber wir beschäftigen und fast täglich damit“, erzählt Hartmut Wegner aus Leopoldshagen.

Er war Extra für diese Arbeiten nach Hohenmocker gereist. David Krüger kommt aus Greifswald [Korrektur: Buxtehude] und Steffen Krüger aus Demmin. Alle drei gehören sie seit vielen Jahren dem Verein Pommerscher Greif an und beschäftigen sich mit der pommerschen Familien- und Ortsgeschichte.

Der Verein wurde im Jahre 2000 in Greifswald gegründet und hat bereits in den ersten 10 Jahren über 400 Mitglieder gewonnen. Geboren aus der Notwendigkeit, die vielen Aktivitäten von einzelnen Forschern zu bündeln und zu koordinieren, kam der Verein gerade rechtzeitig, um die zunehmende Öffnung und Transparenz der Archive in Deutschland und Polen mitzuerleben.

„Wir haben uns vorgenommen, alle diesen Daten zu digitalisieren“, erklärt David Krüger. So hatte man in Hohenmocker eine ganze Woche lang zu tun, um die Materialien, die sich auf dem Dachboden des Pfarrhauses befinden, im Computer zu erfassen. Keine leichte Aufgabe und ein großer Aufwand. „Wir erfassen erst einmal den Bestand. Für den Inhalt braucht es dann natürlich weitaus mehr Zeit“, erklärt David Krüger.

Die Männer machen das alles ehrenamtlich, David Krüger hat sich extra Urlaub genommen. Aber das sei es ihm wert, schon als Jugendlicher habe er sich für die Ahnenforschung interessiert. Der Bestand im Pfarrarchiv Hohenmocker umfasst die beiden Archive Hohenmocker und Sanzkow. insgesamt sind es ca. 300 Akten mit zirka 27.400 Einzeblätter [Anmerkung: Alleine nur vom Archiv Hohenmocker! Sanzkow noch viel mehr]. Weiter gehören dazu 250 historische Bücher der Pfarrbibliothek. Die frühesten Akten aus dem Hohenmocker Bereich stammen aus dem Jahre 1706, aus dem Sanzkower Bereich sogar aus dem Jahre 1588. Darunter befindet sich unter anderem eine Bauzeichnung des einstigen Schulhauses in Hohenmocker. Zudem finden die Ahnenforscher Pachtverträge, Protokolle aus der Synodalarbeit, Rechnungen und Belege, Kassenbücher, Pfarrmatrikel wie die aus Sanzkow aus dem Jahre 1588. Es gibt standesamtliche Urkunden, Versicherungsakten, Verhandlungsprotokolle und Vereinbarungen mit den Patronatsherren, sogar Flüchtlingssuchlisten und Suchanfragen ab 1945 auf etwa 91 Seiten. Weiter gehören zum Bestand Einwohnerlisten ganzer Dörfer der Region, Aufzeichnungen zum Schulwesen und der Schulaufsicht. Die Pfarrbibliothek umfasst Kirchenordnungen, Bibeln, Kommentare, Gesangsbücher und sonstige Literatur, die bis ins Jahr 1640 führt.

Ziel des Projektes des Vereins Pommerscher Greif ist es, den Bestand online zur Verfügung zu Stellen. „Damit wird das Pfarrarchiv für interessierte Ahnenforscher zugänglich gemacht“, erklärt David Krüger. Später sei eine Digitalisierung einzelner, besonders wertvoller Akten geplant. Für die erste Bestandserfassung haben fünf Vereinsmitglieder neun Tage gebraucht.

„Die Kirchengemeinde freut sich sehr über das Angebot des Vereins. Aus eigener Kraft wäre diese Leistung nicht möglich gewesen“, sagt Pastor Christian Bauer. In den Akten sei Ortsgeschichte niedergeschrieben. Er verweist auf die Berge von Akten. Viele Kartons wurden dafür vom Boden des Pfarrhauses geholt. „Die tolle Arbeit des Vereins ist für uns auch eine Motivation“, so der Pastor. Der Archivraum im Obergeschoss des Pfarrhauses soll nun bald in neuem Glanz erstrahlen. Da werde das Archiv auch den Bewohnern in der Kirchengemeinde zugänglich.

Ein Schatz, der bewahrt werden muss. Ein Schatz, der wohl in mancher Kirchengemeinde noch schlummert.

Bild 1: Diese alte Zeichnung zeigt den Grundriss der alten Schule in Hohenmocker.

Bild 2: Pastor Christian Bauer aus Hohenmocker zeigt eine Bibel aus dem Jahre 1864, die zum Bestand von 250 historischen Büchern der Bibliothek gehört.

Bild 3: Steffen Krüger, Hartmut Wegner und David Krüger (von links) arbeiten  den Bestand des Pfarrarchivs von Hohenmocker auf.

Bild 4: In diesem Schrank lagern historische Bücher der Pfarrbibliothek Hohenmocker.

Bild 5: Vorsichtig wird in alten Pfarrakten der Kirchengemeinde Hohenmocker geblättert.

Bild 6: David Krüger am alten, erstaunlich staubdichten Aktenschrank auf dem Boden des Pfarrhauses.